11.05.2020

Blog: Eine Rede vom Premier John Howard, die es nie gab

Eine Rede, die es eigentlich gar nicht gibt, wird weiter verbreitet

11. Mai 2020
Hannover, Bemerode
Premier John Howard – Australien, in seiner angeblichen Rede zum Jahrestag der Bali-Attentate, Februar, 2008
Muslime, die unter dem Islamischen Gesetz der Sharia leben wollen, wurden angewiesen Australien zu verlassen, da die Regierung in ihnen Radikale sieht, die mögliche Terroranschläge vorbereiten. Außerdem zog sich Howard den Zorn von einigen australischen Muslimen zu, da er unterstrich, geheimdienstliche Aktivitäten zum Ausspionieren der Moscheen in seinem Land zu unterstützen.
Wörtlich sagte er angeblich

EINWANDERER, NICHT AUSTRALIER, MÜSSEN SICH ANPASSEN. Akzeptieren sie es, oder verlassen sie das Land. Ich habe es satt , dass diese Nation sich ständig Sorgen machen muss, ob sie einige Individuen oder deren Land beleidigt. Seit den terroristischen Anschlägen auf Bali spüren wir einen zunehmenden Patriotismus bei der Mehrheit der Australier.

Diese Kultur ist in über zwei Jahrhunderten gewachsen, geprägt von Gefechten, Prozessen und Siegen von Millionen von Frauen und Männern, die alle nur Frieden gesucht und gewollt haben. Wir sprechen überwiegend ENGLISCH, nicht Spanisch, Libanesisch, Chinesisch, Japanisch, Russisch, Italienisch, Deutsch oder andere Sprachen. Deswegen, wenn ihr Teil unserer Gesellschaft werden wollt .... lernt unsere Sprache! Die meisten Australier glauben an Gott. Es sind nicht einige wenige Christen, es ist kein politisch rechter Flügel, es ist kein politisch motivierter Zwang, nein es ist eine Tatsache, denn christliche Frauen und Männer, mit christlichen Prinzipien, haben diese Nation gegründet, und dies ist ganz klar dokumentiert.

Und es ist sicherlich angemessen, dies an den Wänden unserer Schulen zum Ausdruck zu bringen. Wenn Gott euch beleidigt, dann schlage ich euch vor einen anderen Teil dieser Welt als eure neue Heimat zu betrachten, denn Gott ist Teil UNSERER Kultur. Wir werden eure Glaubensrichtungen akzeptieren, und werden sie nicht in Frage stellen. Alles was wir verlangen ist, dass ihr unseren Glauben akzeptiert, und in Harmonie, Friede und Freude mit uns lebt. Dies ist UNSERE NATION, UNSER LAND und UNSER LEBENSSTIL, und wir räumen euch jede Möglichkeit ein, all diese Errungenschaften mit uns zu genießen und zu teilen.

Aber wenn ihr euch ständig beschwert, Mitleid sucht, unsere Fahnen verbrennt, unseren Glauben verurteilt, unsere christlichen Werte missachtet, unseren Lebensstil verurteilt, dann ermutige ich euch einen weiteren Vorteil unserer großartigen australischen Demokratie und Gesellschaft zu nutzen: DEM RECHT DAS LAND ZU VERLASSEN! Wenn ihr hier nicht glücklich seit, dann GEHT! Wir haben euch nicht gezwungen hierher zu kommen. Ihr habt gebeten hier sein zu dürfen. Also akzeptiert das Land, das euch akzeptiert hat.

Zunächst zu den einführenden Fakten

-John Howard ist seit dem 3. Dezember 2007 nicht mehr australischer Premierminister.

-Der Jahrestag der Anschläge von Bali wäre am 12. Oktober gewesen, nicht im Februar.


Jetzt zu den Quellen

Seine sogenannte Rede ist zusammengewürfelt aus zwei unterschiedlichen Texten, einmal aus einem Text, in dem Howard sich über die Scharia äußerte, einmal aus einem Text eines Air Force Veteranen, in dessen Geschichte auch die neue Version erläutert wird, die angeblich von John Howard kommt.


Zum Inhalt

Das üble an diesem Text ist, dass er viele Dinge durcheinander wirft, und ganz nebenbei unterstellt, dass Moslems sich weder anpassen können, noch wollen. Niemand will Straftäter, jeder hat das Gesetz eines Landes zu akzeptieren, denn er wird ansonsten zur Verantwortung gezogen. Das stand nie und steht nie zur Diskussion.

Was aber unterschwellig mitschwingt ist eben:

-Moslems halten sich nicht an unsere Gesetze.
-Moslems versuchen uns ihren Glauben aufzuzwängen.
-Moslems nutzen „uns“ und unser Gesellschafts- und Sozialsystem nur aus

Insbesondere letzteres Argument wird gerne von der NPD in Bierzelten skandiert, besonders in sozialen Brennpunkten vor einem Rudel Arbeitsloser, die, wie böse Menschen (nicht ich!) sagen würden, unser Gesellschafts- und Sozialsystem selbst ausnutzen.


Also, erst nachdenken

Die Sache ist, wir sind stolz auf unsere Werte und unsere tolerante Gesellschaft. Und Toleranz hört bei Andersdenkenden nicht auf, sondern fängt eben dort erst an!

Alle Moslems und Christen die ich kenne halten sich ziemlich an unsere Gesetze. Sonst wären sie auch im Gefängnis, und ich würde sie vermutlich nicht kennen. Wer über „diese Moslems“ herzieht, und bei dem (angeblichen) Howard-Text „Genau!“ und „Endlich sagt’s mal jemand!“ schreit, der ist schlicht uninformiert und lässt sich von Rechten instrumentalisieren.

Wer das nicht glauben mag: wie viele Moslems kennst Du (persönlich)!? Wie viele davon machen „Probleme“? Wie viele davon „stören unsere Gesellschaft“? – Nicht nur Hörensagen, sondernFakten, bitte! Selbst Erlebtes!

Und wenn jemand einen Döner essen geht, dann zu dem Personal hinterm Tresen sagt: „Na, ihr seid ja dufte Typen!“ – der sollte sich vielleicht fragen, warum er auf die Idee kommt, dass dieses Personal, Brüder und Schwestern, Cousins und Cousinen, irgendwie weniger anständig sein sollten?

Keine Antwort? – Ja, das habe ich mir gedacht ...!



Quelle: feldpost [tinblog*]

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