10.05.2020

Blog: Mythos Muttertag

Wahrheit und Legende über den Muttertag

10. Mai 2020
Hannover, Bemerode
Die Idee hatte die amerikanische Tochter Anna Jarvis aus Philadelphia (Foto). In Deutschland machten die Nazis den Muttertag populär. Eines war beiden, den deutschen Nationalsozialisten und der amerikanischen Tochter, gemein: bei den Müttern interessierte sie nicht die Realität, sondern der Mythos.

Als "offizielle Mutter des Muttertags" gilt die Amerikanerin Anna Jarvis aus Philadelphia. Ihre Mutter starb am 9. Mai 1905. An ihrem ersten Todestag arrangierte Anna eine private Gedenkfeier mit Freunden und Bekannten. 1907 wurde es dann ein "offizieller Gottesdienst". Daraus entwickelte Anna die Idee, diesen Tag allgemein als Gedenktag für Mütter einzuführen. Sie startete eine großangelegte Kampagne, schrieb Tausende von Briefen an einflussreiche Leute. Sie brachte vor allem die mächtige Methodistenkirche auf ihre Seite.

Bereits 1908 wurde der Tag in allen Kirchen Philadelphias als Muttertag begangen. Doch das genügte Anna Jarvis nicht, sie arbeitete weiter. 1912 wurde auf der Jahresversammlung aller Methodistenkirchen der USA der Beschluss gefasst, diesen Tag offiziell im ganzen Land zu feiern und Anna Jarvis als Begründerin des Muttertags anzuerkennen. Doch Anna wollte noch höher hinaus, und sie hatte Erfolg: 1913 wurde der Tag im Staate Pennsylvania zum Staatsfeiertag erklärt, und 1914, am 9. Mai, dem Todestag von Anna Jarvis Mutter, rief der Präsident der Vereinigten Staaten, Woodrow Wilson, den ersten Nationalen Muttertag aus! Es wurde üblich, dass Töchter und Söhne, deren Mütter noch lebten, rosa Nelken ansteckten, diejenigen, deren Mütter gestorben waren, trugen weiße Nelken.

Das sind die Fakten. Sie finden sich in amerikanischen Enzyklopädien. Über Annas Motivation steht dort nichts: Liebte sie ihre Mutter so über die Maßen? War diese eine außergewöhnliche Frau? Oder hatte Anna vielmehr ein schlechtes Gewissen?

Nach Deutschland kam der Muttertag 1923. Doch so richtig populär machten ihn erst die Nazis, denn er passte gut in ihre Ideologie, die die Frau ausschließlich auf die Rolle der Gebärerin festlegte, passte zu Mutterkreuzen und Lebensborn. Eines war beiden, den deutschen Nationalsozialisten und der amerikanischen Tochter, gemein: bei den Müttern interessierte sie nicht die Realität, sondern der Mythos.

Quelle: EMMA Ausgabe Mai 19785. Mai 2014 von Valerie Cranzler

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